Das Papiertheater, heute auch oft noch als Kindertheater bezeichnet, weckt Erinnerungen an verträumte Herbst- und Wintertage, an denen schon die Düfte von Großmutters Weihnachtsbäckerei die Wohnungen erfüllten.
Plötzlich wird es wieder lebendig, jenes kleine, reichlich vergoldete Theater der Biedermeierzeit mit seinen bunten Dekorationen und den zahlreichen Figuren, die die Kinder von damals in die Welten trutziger Ritterburgen, finsterer Kellergewölbe, friedlicher Dörfer und orientalischer Paläste entführte.
Auf diesen kleinen Bühnen, deren Ausschnitt selten breiter als vierzig Zentimeter war, spielte man mit flachen Pappfiguren. Vor hundert Jahren wurden so im häuslichen Kreis der Familie alle nur denkbaren Stücke aufgeführt. Das Repertoire reichte von der Oper und dem Schauspiel des großen Theaters bis hin zum Märchen.
Begünstigt durch das Druckverfahren der Lithographie und die Verbürgerlichung des Theaters entwickelte sich das Spielzeug bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts zum Massenmedium, zu einer Art Fernsehgerät unserer Urgroßeltern.
Das Papiertheater war daher nicht nur Bildungsinstrument und liebenswertes Symbol des Bürgertums im 19. Jahrhundert, sondern es ist auch eine wichtige Quelle für die Theaterwissenschaft geworden. Oft waren die Bilderbogen den Inszenierungen der großen Bühnen nachempfunden.
Die Zeit des Papiertheaters endete in Deutschland ungefähr mit dem ersten Weltkrieg. In anderen europäischen Ländern, insbesondere in England und Dänemark, wurde die Produktion von Theaterbilderbogen von den Verlagen bis in unsere Tage fortgeführt. |